Designer George Nelson

Erst denken, dann entwerfen
George Nelson hätte vor kurzem seinen 100. Geburtstag gefeiert – Er gilt als einer der bedeutendsten amerikanischen Designer, dessen Entwürfen Theorien zugrunde liegen, die aktueller erscheinen denn je

Theoretisch hatte er recht. „Viel mehr mit viel weniger machen. Alles mit nichts zu schaffen“, lautete ein Prinzip, dem sich der große Designer und Architekt George Nelson verpflichtet fühlte. Vor kurzem hätte der Gestalter und Denker, der auch ein früher Kämpfer für Umweltschutz war, seinen 100. Geburtstag gefeiert. Praktisch kam alles ein wenig anders. Was hätte der 1908 in Hartford, Conneticut, Geborene wohl zur Mailänder Möbelmesse gesagt, auf der man heuer den Eindruck bekommen konnte, wir sollten unsere Einrichtung wechseln wie die Garderobe?

george nelson schreibtisch home desk

Design in größeren Zusammenhängen

George Nelson, der seinen Architektur- Abschluss in Yale machte und neben Charles Eames und Raymond Loewy zu den bekanntesten amerikanischen Designern zählt, war neben seiner Tätigkeit als Gestalter, Architekt, Autor, Dozent, Ausstellungsmacher und Fotograf vor allem Designtheoretiker. Design verstand der 1986 in New York verstorbene Nelson als System, das über die bloße Formgebung hinausgehen müsse. Nelson dachte in größeren Zusammenhängen. 1961 formulierte er: „Das herausragende Problem im Bereich des heutigen Designs betrifft die Frage nach den Wertvorstellungen. Im Vergleich dazu sind jegliche anderen Probleme zwar interessant, sie bleiben jedoch an der Oberfläche.“

Nelson entwickelte unter vielem anderen das futuristische Konzept der sogenannten verborgenen Stadt, deren Gebäude unter der Erde liegen sollten, um ein „menschlicheres“ Umfeld zu schaffen. 1978 sagte er, dass die Computertechnologie „Verkleinerung, Kurzlebigkeit und Entmaterialisierung“ bringen werde.

Erstaunlich vielfältig und verspielt

Geht man ans Eingemachte und betrachtet seine Entwürfe wie zum Beispiel den berühmten „Coconut Chair“, sein „Marshmallow Sofa“, seine Uhrenentwürfe oder den gerade von Vitra in einer Edition aufgelegten „Pretzel Chair“, wirken diese Objekte angesichts der Ernsthaftigkeit, die Nelsons Gedankenwelt prägt, erstaunlich vielfältig und mitunter verspielt. Die Stücke sind zum Teil derart verschieden, dass man sie kaum ein und demselben Reißbrett zuschreiben würde.

Der Sessel, bis heute für viele Gestalter die Königsdisziplin des Möbeldesigns, hatte es Nelson ganz besonders angetan. In seinem Buch „Chairs“ aus dem Jahre 1953 schrieb er: „Welche Objekte von der Nachwelt einmal als besonders typisch für die westliche Kultur betrachtet werden, kann man nur raten, aber ich vermute, dass der zeitgenössische Stuhl darunter sein wird.“ Dem Stuhl sprach Nelson auch als einzigem Möbelobjekt das Recht zu, im Gegensatz zu Schränken, Leuchten oder Sofas losgelöst von der Architektur im Raum bestehen zu dürfen. Der Stuhl hatte für Nelson das Zeug zur Skulptur. Im Falle seiner Sitzgelegenheiten fällt es auf jeden Fall schwer zu widersprechen.

Das Vitra Design Museum in Weil am Rhein zeigt von 13. September bis zum Frühjahr 2009 eine erste umfassende George-Nelson-Retrospektive.
www.design-museum.de

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