Als Kamerasystem wird eine Kombination aus einer fotografischen Kamera, der Systemkamera, und dem dazu kompatiblen Systemzubehör bezeichnet. Die Verwendung des Begriffs ist in der Fotografie heute nicht mehr konsistent; teilweise werden schon einfache Kompaktkameras mit einer Handvoll von separat zu erwerbenden Zubehörteilen als Kamerasystem vermarktet, was aber der eigentlichen Bedeutung des Begriffs widerspricht. Durch die zunehmende Integration von immer mehr Komponenten in Kameras ist der ursprüngliche Begriff des Kamerasystems aufgeweicht worden. So enthalten viele Kameras heute eingebaute Blitze, einen motorischen Filmtransport statt eines ansetzbaren Filmtransportmotors, und standardmäßig Rückwände mit Dateneinbelichtung statt austauschbarer Datenrückwände. Austauschbare Sucher und Filmmagazine sind im Kleinbildbereich vollständig verschwunden.
Kontinuität. Ein Kamerasystem wird über etliche Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte, vom Hersteller gepflegt und weiterentwickelt. Beispiele für Kamerasysteme von hoher Kontinuität bieten die Anbieter Pentax und Nikon.
Geschichte. Der Anbieter eines Kamerasystems verfügt über eine Unternehmensgeschichte und einige Jahrzehnte Erfahrung im Kamerabau. Beispiele hierfür sind Leica und Hasselblad.
Modularität. Ein Kamerasystem besteht aus verschiedenen Komponenten, die innerhalb des Systems miteinander austauschbar sind. Beispiele hierfür bieten die Systeme von Nikon, Canon, Minolta, Pentax und Olympus.
Gehäuse. Innerhalb eines Kamerasystems wird eine ganze Palette von Gehäusen für unterschiedliche Ansprüche angeboten, nicht nur ein einzelnes Modell. Beispiele hierfür bieten die Systeme von Canon (EOS-Serie), Nikon (F-Serie) und Minolta (Dynax-Serie), aber auch herstellerübergreifende Systeme wie beim Four-Thirds-Standard.
Objektive. Ein Kamerasystem zeichnet sich durch das Vorhandensein einer Vielzahl hochwertiger Wechselobjektive aus, die vom Anbieter des Kamerasystems gerechnet und gefertigt werden. Ein hervorragendes Beispiel hierfür bietet das F-Bajonett des F-Kamerasystems von Nikon, das über Jahrzehnte beibehalten wurde.
Zubehör. Neben Kameragehäusen und -objektiven wird ein umfassendes Zubehörsortiment angeboten, dessen Kompatibilität mit der Systemkamera durch den Hersteller gewährleistet wird. Beispiele hierfür sind die Kamerasysteme von Nikon, Canon, Minolta, Leica und Hasselblad.
Nicht in jedem Kamerasystem werden alle Kriterien erfüllt. Als Faustregel gilt jedoch, dass mindestens vier der sechs Kriterien erfüllt werden sollten.
Grenzfälle:
Einige etablierte Kamerasysteme (Contax, Hasselblad, Rollei) greifen grundsätzlich auf Wechselobjektive von Fremdanbietern (Carl Zeiss, Schneider Kreuznach) zurück.
Bei Digitalkameras gibt es naturgemäß noch keine Anbieter mit jahrzehntelanger Erfahrung, hier kann nur zwischen einem mehr oder minder frühen Markteintritt unterschieden werden.
Nur wenige Anbieter rechnen und fertigen ihre Wechselobjektive selbst – aber auch bei diesen gibt es Ausnahmen, so wurden einige "Consumer-Grade"-Minolta-Objektive von Tamron und Cosina gefertigt. Selbst Leica lässt Objektive teilweise von anderen Anbietern fertigen (zum Beispiel durch Sigma und Kyocera/Contax). Besonders stark verschwindet die Autonomie der Hersteller im Bereich der Digitalkameras, wo nur eine Handvoll Anbieter die Basiskomponenten fertigt, die nahezu alle Marktteilnehmer verbauen.
Einige Produktlinien weisen starken Systemcharakter auf, verfügen jedoch systembedingt nicht über Wechselobjektive, so zum Beispiel die Nikon-Digitalkameras der E-Serie (Coolpix) oder die Minolta-Digitalkameras der Dimage-Serie.
Segmente vom Kamerasystem
Systemkameras werden in unterschiedlichen Marktsegmenten angeboten, beispielsweise gibt es Kamerasysteme für Kleinbildkameras, Mittelformatkameras und Digitalkameras.
Folgende Anbieter sind in den unterschiedlichen Segmenten aktiv:
Kleinbild. Im KB-SLR-Bereich bieten vor allem Nikon, Canon, Minolta und Leica vollständige Kamerasysteme; daneben gibt es weitere Anbieter mit einem geringeren Marktanteil wie Pentax, Olympus und Contax. KB-Sucherkameras mit Wechselobjektiven sind mittlerweile recht exotisch; Bedeutung hat hier vor allem Leica mit den Kameras der M-Serie.
Mittelformat. Kamerasysteme für das Mittelformat bieten vorwiegend Hasselblad, Rollei, Mamiya und Pentax an.
APS. Systemkameras sind in diesem Segment eher die Ausnahme; Nikon und Minolta (V-Bajonett) sind wohl die bedeutendsten Anbieter, Minolta hat jedoch die Einstellung der APS-Kameras angekündigt.
Digitalkameras. Für Amateurfotografen und die so genannten Prosumer bezahlbare digitale Systemkameras erscheinen erst seit Mitte 2003 am Markt; im Profibereich (Gehäuse jenseits von etwa 2000 EUR) tummeln sich wieder Canon, Nikon, Olympus und Minolta; Kodak bietet kein eigenständiges System, sondern greift auf die Wechselobjektive und das Systemzubehör von Nikon und Canon zurück; ähnliches praktiziert Fujifilm. Einige der Systeme basieren auf professionellen beziehungsweise semiprofessionellen KB-SLR-Kameras (Canon, Nikon, Kodak, Fujifilm), während Olympus nach vor längerer Zeit erfolgter Einstellung der OM-Reihe ein vollständig neues SLR-Kamerasystem im „Four Thirds“ genannten Standard (weil lizensierbar) entwickelt hat. Minolta orientierte sich dagegen vor dem Verkauf an Sony am hauseigenen APS-System (Digitalkameras mit V-Bajonett). Sony hat Ende 2006 eine DSLR (α100) auf der Basis von Konica-Minolta-Technologie herausgebracht, die einen Minolta-Objektivanschluss aufweist.